Neue Saison, neues Du. SHIMANO Gravel Alliance Fahrer Florian Nowak gibt Tipps für die Vorbereitung auf eine neue Gravel-Saison.

Falls es dir deine Timeline in den sozialen Medien noch nicht unmissverständlich klar gemacht hat, die neue Gravel-Saison steht in den Startlöchern! Florian Nowak ist einer der Fahrer der Gravel Alliance und hilft dir mit seinen Insider-Tipps dabei, die alljährliche Hektik im Vorfeld einer neuen Gravel-Saison zu bewältigen. 

Angefangen bei dem Blues der Nebensaison bis zum Training vor der Saison, der Vorbereitung des Bikes oder der Planung von Rennterminen im Kalender überlässt dieser Fahrer nichts dem Zufall.

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Erst nach dem Ende meiner Profikarriere wurde mir bewusst, wie kurz die Nebensaison tatsächlich ist. Die Zeit vergeht so viel schneller, wenn du nicht ständig unterwegs bist und immer unter Druck stehst, weil du für die Rennen wirklich fit werden musst. Diesen Winter habe ich mich vielen anderen Sportarten gewidmet, die nichts mit dem Radfahren zu tun haben, beispielsweise Laufen, Skibergsteigen und Langlauf. Doch als ich mir letztens verschiedene Websites ansah und nach Events suchte, die ich in meinen Kalender eintragen könnte, wurde die Sehnsucht nach dem Graveln wieder größer.

Da die meisten von uns Gravel-Fahrern Privatleute sind, die kein Team hinter sich haben, das ihnen Druck macht oder sie dabei unterstützt, ihr Rennprogramm zu erstellen und jeden Pedaltritt minutiös zu planen, frage ich mich manchmal schon, ob es nicht möglich wäre, die Zeit vor dem Saisonbeginn etwas weniger hektisch zu gestalten. 

Ich habe hier ein paar Anregungen für dich, mit denen du sicherstellen kannst, dass wir alle gleich gut vorbereitet in die neue Saison starten.

Das Fahrrad

Da ich 2023 meine Leistung vom Vorjahr übertreffen möchte, habe ich beschlossen, dass mein Bike etwas besonderes werden muss. Also werde ich mir ein komplett neues Rad zusammenstellen, das alle meine Wünsche erfüllt. Im Laufe des Jahres 2022 habe ich viel Zeit auf das Testen neuer Teile verwendet. So kann ich jetzt voller Überzeugung behaupten, dass mein Setup für 2023 wirklich großartig wird. Im Augenblick fahre ich die mechanische GRX 2-fach, aber ich habe mich entschieden, auf eine Di2-Schaltung umzustellen. Diese bietet für Gravel-Rennen und Abenteuer einfach die bestmögliche Performance. Eine wirklich bahnbrechende Innovation sind die GRX Carbon-Laufräder, die ich bei meinen Touren im Herbst und Winter getestet habe. Bisher habe ich bei schnellen Strecken oft auf die DURA-ACE Laufräder gesetzt, aber diese neuen Laufräder sind genauso schnell und bieten darüber hinaus mehr Kontrolle und Sicherheit. Für die anstehenden Rennen werden sie an meinem Scott Addict Gravel Tuned mein wichtigster Verbündeter sein.

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Der Kalender

Mein Bike-Setup nimmt langsam Form an und bei meinem Kalender ist es ähnlich: durch die Aufwertung der UCI Gravel World Serie werde ich meine Form in ein paar dieser Rennen testen, die schließlich nichts anderes sind als der World Cup für Gravel-Fahrer. Insgesamt finden überall in Europa, in Australien und den USA 17 Rennen statt, von denen die meisten zum ersten Mal ausgetragen werden. Da es zu diesen noch keine Erfahrungswerte gibt, fällt die Entscheidung nicht ganz so leicht. Ich muss mir erst noch klar werden, welche mir wirklich liegen und wie sich die Renntermine am besten mit meinen sonstigen Plänen und Reisen kombinieren lassen. Eines ist allerdings sicher: Ich starte meine eigene World Series Kampagne im April direkt vor dem SHIMANO Experience Center in Valkenburg beim Gravel Fondo Limburg. Aber bis dahin muss ich erst mal wieder in den Fahrmodus kommen. Also denke ich gerade über die Teilnahme an einem weniger wettbewerbsorientierten, dafür längeren Event nach, dem Jeroboam Mallorca – mit seinen 300 Kilometern wäre er genau das Richtige, um wieder in Tritt zu kommen. Später in der Saison würde ich gerne an einem Event etwas weiter weg teilnehmen, mal sehen wohin es mich dann verschlägt. Vielleicht in die USA oder nach Australien ...

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Das Training

Angesichts der zwei für März und April geplanten Rennteilnahmen freue ich mich, dass ich mich schon richtig motiviert fühle.Die beiden Rennen werden nicht leicht, es ist also höchste Zeit, wieder so etwas wie eine Routine aufzunehmen. Ich bin ein großer Fan von abwechslungsreichem Training im Winter und neben der Zeit im Sattel sind meine Langlaufski ein wichtiger Bestandteil meines Trainings. Wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt sinken, kombiniere ich beides durch Skifahren und Indoor-Training auf meinem Erg Ski Trainer. An anderen Tagen ist das Gravel-Bike wieder mein bester Freund. Die Wahl der richtigen Bekleidung ist beim Training im Freien extrem wichtig und macht den Unterschied zwischen einer gelungenen Einheit und dem Kampf ums Überleben aus. Beim Fahren im Winter achte ich ganz besonders auf mein Rad. Schließlich muss es vor und nach jedem Training gründlich kontrolliert werden.

Dabei überprüfe ich immer, ob die Schaltung reibungslos funktioniert und schmiere die Kette bei Bedarf. Wenn es wirklich kalt ist, sehe ich auch nach, ob noch genügend Dichtmittel in den Reifen ist. Genau, ich fahre normalerweise mit Tubeless-Reifen und dir würde ich das gleiche raten. Falls ich schon früh am Morgen losfahre oder die Chance besteht, ein paar unbekannte Gravel-Strecken zu erkunden, und ich länger unterwegs sein werde als ursprünglich gedacht, habe ich immer Lichter dabei, um für bessere Sichtbarkeit zu sorgen.

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Die Checkliste

Vor einer neuen Saison drehen sich meine Gedanken immer um den Kalender. Also stelle ich mir folgende Fragen:

  • Wohin möchte ich reisen?
  • Welche Rennveranstaltungen gibt es dort?
  • Welche Termine passen für mich?
  • Lässt sich diese Reise mit einer der Veranstaltungen kombinieren?
  • Wie komme ich am besten dorthin?

Wenn du für ein Gravel-Rennen von weither anreist, lohnt sich die Überlegung, dein Rad mit einer mechanischen GRX Komponentengruppe auszustatten. Diese lässt sich auch am Ende der Welt ziemlich leicht warten. Hast du eine Di2 am Rad, musst du immer dein Ladegerät dabei haben und für die Dauer der Anreise die Batterie ausstecken. Bevor es losgeht, musst du deine Hausaufgaben machen und unbedingt lernen, wie du die Verteilerbox zurücksetzen und sie nach einem Sturz (oder einem ruppigen Flug) wieder aus dem Sicherheitsmodus holen kannst.

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Habe ich mir erst mal mögliche Events herausgepickt und einen groben Zeitplan erstellt, sehe ich mir in der Regel die Anforderungen an mein Rad an:

  • Welches Rad und welche Art von Komponenten brauche ich für diese Veranstaltung? 
  • Welches Setup ist für das jeweilige Event perfekt?
  • Aerodynamische Laufräder? Laufräder für Anstiege oder die GRX Allrounder?
  • Mach dir Gedanken zu Reifenbreite, Profil und Druck. 
  • Gibt es eine Liste mit für das Event zwingend erforderlicher Ausrüstung? 
  • Habe ich ein funktionierendes GPS-System?
  • Ist mein Rad in einem guten Zustand oder brauche ich neue Bremsbeläge oder eine neue Kette? Es sind vor allem diese Verschleißteile, die alle Pläne zunichte machen können.
  • Sind Sattelhöhe und Cleat-Position richtig eingestellt?

Nutze den Saisonbeginn, um unterschiedliche Laufräder, Reifen, Reifendruckeinstellungen und Übersetzungskombinationen für verschiedenes Gelände zu testen. Dadurch gewinnst du an Erfahrung und kannst bei künftigen Rennen noch vor der Anreise dein optimales Setup festlegen.

So wie ich das Setup meines Bikes überprüfen, nehme ich auch meine Fitness unter die Lupe:

  • Bin ich gut genug trainiert, um an diesen Veranstaltungen teilzunehmen, vor allem angesichts der Strecke von 300 Kilometern beim ersten Rennen im März?
  • Was sind meine Ziele und wie trainiere ich darauf hin? 
  • Muss ich einen neuen Leistungstest absolvieren, um meine Trainingszonen zu bestimmen? Normalerweise mache ich einen 20-minütigen Test auf dem Ergometer, aber es ist natürlich sinnvoll, dich zuerst von einem Arzt durchchecken zu lassen.
  • Lege Meilensteine fest, um deinen Fortschritt zu messen – gibt es in deiner Nähe einen Gravel-Rundkurs, den du als Teststrecke nutzen kannst? Oder einen technischen Anstieg mit lockerem Untergrund oder eine MTB-ähnliche Abfahrt mit einem Strava-Abschnitt, in dem du deine Fortschritte nachverfolgen kannst?
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Zwei Dinge zum Schluss

  • Pausen, Erholungszeiten, Trinken und Ernährung sind wichtig, aber das muss ich dir nicht erst sagen.
  • Hab Spaß. Natürlich brauchst du für Gravel Ausdauer und technisches Können, aber das Gravel-Biking sollte dir immer ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Im Training und bei Rennen geht es nicht nur darum, leiden zu können. Du solltest auch jede Menge Spaß haben.

Bio

Nach dem Skifahren, Mountainbiking und schließlich einer mehrjährigen Karriere als Profi-Rennradfahrer, kehrt SHIMANO Gravel Alliance Fahrer Florian Nowak wieder in die Berge zurück – auf einem Gravel-Bike.

Text: Florian Nowak

Fotos: Michael Faiss

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