Gravelbikes! Überall Gravelbikes: Auf Waldwegen und Trails, auf Radwegen und Straße, in den Bergen oder mitten in der Stadt. Das Gravelbike erfährt seit Jahren einen sagenhaften Boom. Es begeistert immer mehr ambitionierte Radfahrer, die vom Rennrad oder Mountainbike auf den sportlichen Alleskönner mit Rennradlenker und breiteren Reifen umsteigen. Und noch mehr steigen mit dem Gravelbike erstmals wieder überhaupt auf ein Fahrrad, finden damit ihre Freude an der Natur, am Sport, an Touren oder am täglichen Pendeln.

Warum das Gravelbike für so viele unterschiedliche Fahrrad-Typen so gut funktioniert? Einer der wichtigsten Gründe für die Gravel-Begeisterung ist vermutlich, dass das Gravelbike die Vorteile von Rennrad und Mountainbike in sich vereint. Es ist fast so schnell und direkt wie ein Rennrad, aber fast so vielseitig wie ein Mountainbike, zumindest ein Hardtail. Mit seinem Leichtgewicht, unkomplizierter Technik und seiner überzeugenden „weniger ist mehr“-Philosophie funktioniert das Gravelbike auf Asphalt und Waldwegen, auf Trails und Schotterpisten. Das Gravelbike kombiniert das Beste aus zwei Welten.

Interessanterweise gilt das auch für die Technik am Gravelbike. Besonders deutlich wird dies, wenn man sich die Komponenten der Gravel-Schaltgruppe GRX etwas genauer anschaut. Die Komponenten der GRX wurden von Beginn an konsequent für Gravelbikes konzipiert. Bei der Entwicklung konnten die Konstrukteure auf SHIMANOs jahrzehntelange Erfahrung bei Rennrad und Mountainbike zurückgreifen. Und sie haben bei der GRX-Technik die jeweils besten Entwicklungen aus beiden Welten übernommen und für Gravel optimiert. Es lohnt sich, diese Technik-Symbiose im Detail anzuschauen.

Gravel-Schaltung – mehr MTB oder Rennrad?

Bei den Schalt-Komponenten der GRX wird bei fast jedem Bauteil offensichtlich, dass hier Technologie vom Rennrad und MTB zusammengeführt wurde – einzelne Komponenten sind von einer der beiden Kategorien übernommen, bei anderen finden sich konstruktive Elemente aus beiden Welten. Schauen wir uns die Teile der Reihe nach an:

Das Schaltwerk

Spricht man über Schaltungen, fällt der Blick der meisten Leute zuerst auf das Schaltwerk. Klar, denn das ist das präsenteste und eindrucksvollste Bauteil. Die GRX-Schaltwerke sehen zuerst einmal stark nach MTB-Bauteilen aus. Und tatsächlich steckt hier auch jede Menge MTB-Technologie drin, allerdings mit Anpassungen für die besonderen Bedürfnisse beim Graveln. 

So nutzen GRX-Schaltwerke SHIMANOs MTB-Technologie SHADOW RD+, die dem Schaltwerk eine sehr flache Silhouette verleiht, das Schaltwerk steht immer möglichst nah unter der Kettenstrebe und schwingt nicht zu weit nach außen. SHADOW RD+ wurde speziell für aggressiveres Mountainbiking entwickelt, damit das exponierte Schaltwerk im Gelände nicht an Hindernissen hängenbleiben kann – auch beim Graveln ein klarer Vorteil. Gleichzeitig vermindert SHADOW RD+ den Kettenschlag und verbessert den Kettenhalt bei harten Stößen und Schlägen vom Untergrund. Um SHADOW RD+ zu aktivieren, wird vor Beginn der Fahrt am Schaltwerk der Hebel auf On gestellt.

Ebenfalls vom MTB stammt die Direct Mount-Befestigung des GRX-Schaltwerks am Rahmen. Diese spezielle Direktmontagefunktion statt konventioneller Ausfallenden erlaubt den schnellen Ein- und Ausbau des Hinterrads. Direct Mount wurde ursprünglich für Mountainbikes mit Steckachsen-Ausfallenden konzipiert und ermöglicht eine flexible Rahmenkonstruktion. 

Sowohl von MTB- als auch Straßen-Gruppen bekannt sind die unterschiedlich langen Käfige der GRX-Schaltwerke. GRX-Schaltwerke passend zu 1x, also einem Kettenblatt, haben einen längeren Käfig, der Kassetten mit maximal 42 Ritzeln bedienen kann. Die GRX-Schaltwerke für Antriebe mit zwei kettenblättern besitzen einen kurzen Käfig, der analog zur Straßengruppe ULTEGRA maximal 34 Ritzel bedienen kann.

Die Kurbeln

1x oder 2x lautet die große Frage bei Gravelbikes. Die GRX beantwortet sie salomonisch: Beides ist möglich. Die GRX hat optional Kurbeln mit einem oder zwei Kettenblättern im Portfolio. So kann je nach Fahrstil und den persönlichen Vorlieben die passende Gravel-Schaltung zusammengestellt werden.

1x-Antriebe wurden ursprünglich im Cyclocross gefahren, wegen ihrer Einfachheit haben sie sich dann schnell auch bei Mountainbikes durchgesetzt. Dort ist 1x längst bewährter Standard. Mit ihren breit abgestuften Ritzelpaketen mit 11 oder 12 Gängen bietet auch die GRX leichte, minimalistische und wartungsarme 1x-Antriebe, die sich im MTB über Jahre bewährt haben. (Mehr zu den neuen 12-fach Komponenten findet ihr hier ausführlich.)

Wer mehr und feinere Gangabstufungen für eine gleichmäßigere Kadenz sucht, fährt die GRX mit zwei Kettenblättern – die über Jahre am Rennrad ausgereifte Technik.

Grundsätzlich sind die GRX-Kurbeln, analog zu den GRX-Umwerfern, im Vergleich zu Rennrad-Gruppen 2,5 Millimeter nach außen versetzt. Durch diese optimierte Kettenlinie entsteht mehr Platz für breitere Reifen, und der Q-Faktor ändert sich. Das ist der Abstand zwischen den beiden Kurbelarmen und bestimmt, wie weit die Füße auf den Pedalen auseinander stehen. Der Q-Faktor der GRX-Kurbeln beträgt 151 Millimeter, statt 146 mm am Rennrad.

Die Umwerfer

Der Umwerfer der GRX, wenn man denn einen nutzt, ähnelt optisch stark dem der Straßengruppen. Und tatsächlich kommt hier quasi unverändert ULTEGRA-Technik zum Einsatz. Aber mit einem entscheidenden Unterschied: Die GRX-Umwerfer sind 2,5 Millimeter nach außen versetzt. Mit diesem konstruktiven Kniff, angelehnt an MTB-Technik, entstehen 2,5 Millimeter mehr Reifenfreiheit für die im Gravel angesagten, teils sehr voluminösen Pneus. Diese etwas nach außen versetzte Kettenlinie ist im MTB-Bereich unter der Bezeichnung Boost bekannt – allerdings ist bei Boost sowohl die Kurbel als auch die Kassette nach außen versetzt, was einen speziellen Freilaufkörper an den Hinterrädern erfordert. Bei der GRX wurden nur Kurbel und Umwerfer nach außen versetzt, die Position der Kassette bleibt unverändert, damit die bewährten Freilaufkörper nach Straßen-Standard verwendet werden können.

Die Kassetten

Die GRX bietet grundsätzlich leichtere Gänge als bei Straßenschaltungen, orientiert sich hier also eher an MTB-Schaltungen. Möglich wird das durch breiter abgestufte Kassetten, die direkt aus dem MTB-Segment übernommen werden: Die GRX 1x12 nutzt Kassetten der MTB-Gruppe DEORE XT, 10-51 sind hier Ritzel das Maximum. Wer mit der GRX aber gern sportlich-abgestuft pedalieren will, findet ebenfalls die passende Kassette: Mit 11-34 bietet die GRX 2x12 auch eine Abstufung, die heute auch im Rennrad-Bereich immer häufiger zu finden ist. Hier greift die GRX auf Kassetten der ULTEGRA Gruppe zurück. Bei den Kassetten wird also die volle Bandbreite bedient, die Gravelbiken heute bedeutet.

Gravel-Disc – Rennrad-Technik mit MTB-Haptik

Die Scheibenbremsen der GRX wirken optisch fast identisch zu den Disc-Brakes der Rennrad-Gruppen von SHIMANO. Funktionell gibt es aber große Unterschiede – dank einiger Entwicklungen, die von MTB-Scheibenbremsen in die GRX integriert wurden.

Die Bremssattel

Die GRX-Bremssättel sind technologisch tatsächlich komplett von den Disc-Brakes der Straßen-Gruppen übernommen. Befestigt werden sie per Flat Mount, dem bei Rennrad-Scheibenbremsen etablierten Befestigungsstandard. Die GRX-Bremsen haben vom Rennrad auch SHIMANOs ICE-TECHNOLOGIES übernommen: Spezielle Kühlrippen am oberen Ende der Bremsbeläge und eine aufwändige Sandwich-Bauweise der Bremsscheiben sorgen dafür, dass Wärme schnell abgeleitet und dadurch eine konstant hohe Bremsleistung garantiert wird. ICE TECHNOLOGIES sorgt für weniger Geräuschentwicklung und Bremsfading, erhöht die Lebensdauer der Bremsbeläge und bietet mehr Zuverlässigkeit und Sicherheit der Scheibenbremsen.

Die Bremsgriffe

Optisch ähneln die Schalt-Bremshebel der GRX natürlich Straßen-Komponenten – da sie an Rennlenkern montiert werden, greifen sie prinzipiell auf die Bauweise, Technologie und Ergonomie der Dual-Control-Hebel von SHIMANOs Straßen-Gruppen zurück. Fasst man in die GRX-Griffe, fallen aber sofort die ergonomischen Optimierungen auf, damit auch im technisch anspruchsvollen Terrain die volle Kontrolle garantiert ist: Die Höcker der Griffe sind höher als bei Straßen-Griffen und geben so mehr Halt, die Griffgummis sind rutschfester und griffiger, und die Bremshebel sind weiter nach außen gestellt, damit sie auch bei Gravel-Lenkern mit viel Flare gut erreichbar sind. Auf diese speziellen Lenker abgestimmt ist im Übrigen auch die Montageschelle der GRX-Hebel, die so angewinkelt ist, dass bei Montage an ausgestellten Lenkern die Hauptgrifffläche beim Griff an den Hörnchen nahezu waagerecht und damit ergonomisch günstig steht.

Der größte Unterschied zu dem Straßen-Bremsgriffen steckt aber im Griff versteckt: Die GRX nutzt die SERVO WAVE Technologie der MTB-Discs. Das bedeutet: Der Bremshebel bewegt auf dem ersten, kürzeren Teil des Hebelwegs die Beläge schnell nahe an die Scheibe. Dann greift ein Umlenkmechanismus im Hebel und der restliche, längere Teil des Hebelwegs steht für den eigentlichen Bremsvorgang zur Verfügung. Das erlaubt eine feinere Modulation der Bremsen im technisch anspruchsvollen Gelände.

Ebenfalls vom MTB übernommen ist die Möglichkeit, die GRX-Bremshebel mit nur einem Finger zu bedienen. Um die dafür nötige höhere Bremskraft zu erreichen, haben die Konstrukteure den Drehpunkt der GRX-Bremshebel um 18 mm höhergelegt als bei den Straßen-Bremshebeln. So wird es auch möglich, entspannt und kraftvoll aus der Griffposition im Hood zu bremsen.

Eine weitere Besonderheit der GRX-Discs wurde aus dem Crossbereich übernommen: Wer mag, kann Zusatzbremshebel am Oberlenker montieren. Das erlaubt es, in wirklich steilen Passagen in Oberlenkerposition zu bremsen, außerdem ist es eine komfortable Zusatzoption für mit dem Rennlenker noch nicht so vertraute Gravel-Neulinge.

Vario-Sattelstütze: MTB-Technik fürs Gravelbike

Wer häufig im technisch anspruchsvollen Gelände gravelt, denkt bald über eine absenkbare Sattelstütze nach. Bei der GRX kann diese vom linken Brems-/Schaltgriff aus bedient werden, wenn man eine 1x-Schaltung ohne Umwerfer nutzt. Dafür steht ein spezielles Modell zur Verfügung, bei dem die seitliche Bewegung nicht für die Umwerfer-Schaltfunktion, sondern für die Bedienung der Variostütze genutzt wird. Er funktioniert bei den meisten Vario-Sattelstützen mit interner oder externer Zugverlegung.

Die Technik der GRX – das Beste aus beiden Welten

Nach diesem kleinen Exkurs in die Details der GRX wird also in deutlich, wie sich das Gravelbike bei am Rennrad und Mountainbike bewährter Technologie bedient. Nicht nur an offensichtlichen Dingen wie den breiten Reifen oder dem Rennrad-Lenker mit weit ausgestellten Lenkerenden, sondern an vielen kleinen technischen Details. So entstand mit der GRX eine Gruppe, die optimal auf die besonderen Anforderungen am Gravelbike ausgelegt ist. Vielseitig, unkompliziert, und immer mit dem vollen Fokus auf das Wesentliche: Jede Menge Spaß im Sattel ist garantiert!

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